Die Genossenschaft entdecken! Folge 6
Sechster Grundsatz: nach außen gerichtete Wechselseitigkeit.
So langsam biegen wir auf unserer Reise durch genossenschaftliche Landschaften in die Zielgerade ein.
Weiß du noch, wovon das letzte Mal die Rede war?
Wir stießen auf generationenübergreifende Solidarität! Auf unterbrechungsfreies genossenschaftliches Leben. Wir haben gesehen, wie Genossenschaften ihre Grundsätze dank Bildung und Information von Generation zu Generation weitergeben und auf diesem Weg sozial vertretbare, stabile und gleichzeitig anpassungsfähige, außerordentlich widerstandsfähige Wirtschaftsräume schaffen.
Eine Genossenschaft von Mitgliedern und dem Umfeld geltend gemachten Bedürfnissen und baut somit rundherum Win-win-Beziehungen auf.
Vielleicht magst du technische Begriffe ebensowenig wie ich, aber glaubst du nicht auch, dass es für einen derartigen Mechanismus keinen besseren Ausdruck als wechselseitigen Austausch gibt?
Zum Glück haben wir uns auch schon mit dieser Begriffsbestimmung beschäftigt. Noch mehr: wir haben den Grundsatz nach außen gerichtete Wechselseitigkeit vorweggenommen.
Nach außen gerichtete Wechselseitigkeit tätigt ihren Austausch als gesellschaftlichen Beitrag, schafft über individuelle Vorteile Nutzen für alle.
Die bedeutungsvollste Form nach außen gerichteter Wechselseitigkeit sind Genossenschaften, die einer Gruppe angehören, deren Name Programm ist: die Sozialgenossenschaften.
Schon mal davon gehört?
Also ehrlich … war nicht gerade schmeichelhaft, oder?
Schon recht, du willst dich nicht rauslehnen. Na schön, dann mach ich’s.
Ich räume ein: ich habe schon davon gehört und nicht immer im positiven Sinn. Zuweilen wurde überheblich davon gesprochen, nicht selten mit einer Spur Mitleid.
Wie kam es zu dieser weit verbreiteten Ansicht, Sozialgenossenschaften wären nahezu parasitäre Einrichtungen, obwohl genau das Gegenteil stimmt?
Sozialgenossenschaften sind rechtlich als Einrichtungen mit sozialer Zielsetzung sowie als Mittel anerkannt, Menschlichkeit und gesellschaftliche Integration zu fördern. Um ihre Ziele zu verwirklichen, bieten sie Dienstleistungen im Gesundheits- und/oder Erziehungswesen an, sind gewerblich tätig oder arbeiten mit Dienstleistungen, die benachteiligte oder behinderte Menschen als Arbeitskräfte einbeziehen.
Aha, da haben wir das geheimnisvolle benachteiligte oder behinderte Menschen! Kann durchaus sein, dass viele darunter bloß Menschen verstehen, die als Klotz am Bein oder bestenfalls als bemitleidenswert anzusehen sind. Wenn sie schon arbeiten, tun sie höchstens sich selbst einen Gefallen, aber das war’s dann auch schon.
Weit gefehlt!
Hast du eine Vorstellung davon, welche hochwertigen Güter oder Dienstleistungen manche Sozialgenossenschaften anbieten? Ganz zu schweigen von den Einsparungen für den öffentlichen Haushalt, wenn Menschen durch Arbeit für sich selbst sorgen, die andernfalls dem Staat zur Last fallen würden?
Schließlich folgt der letzte, in einem bestimmten Sinn jedoch wichtigste Faktor. Kannst du dir ausmalen, was es für von vorneherein benachteiligte Menschen bedeuten kann, auf unbefristete berufliche Tätigkeit und ein menschliches Netzwerk mit positiven, konstruktiven Beziehungen zählen zu können? Auf ein gesellschaftliches und berufliches Umfeld, das sie stützt und würdigt, ihrem Tun Wert beimisst und ihnen zeigt, wie wichtig es ist, was sie leisten?
Falls du Appetit bekommen hast, tauch doch deinen Löffel in die mit vielen Zutaten gewürzte Suppe, verschaffe dir einen Eindruck und schau dir das Verzeichnis mit den Sozialgenossenschaften bei Coopbund an.
Da gibt es derart viele Formen, dass dir fast schwindlig wird.
Aber wenn du genauer hinsiehst, entdeckst du auch die Konstanten.
Du wirst sinnbildlich gesehen auf Fische stoßen, die aus ihrem Wasserglas geholt und ins offene Meer, ihren natürlichen Lebensraum geleitet wurden. In diesem Lebensraum gibt es zwar auch Tiefen und Abgründe, aber dafür unzählige Farben und unterschiedliche Formen.
Findet Nemo, sozusagen.
Ich glaub fast, ich mach ’ne Pause und schau mir den Film nochmal an.