Die Genossenschaft entdecken! Folge 7
Hinter dem zarten, durch das Mückennetz gebildeten Raster stehen die Pflanzen, die mein Vater angebaut hat, grün, stolz und frisch. Sie spielen mit der Sonne am frühen Nachmittag und zaubern unendliche viele Formen und Farbnuancen in die Welt.
Es ist nun mal, wie es ist: ich töte – zu meinem Leidwesen – die Pflanzen, mein Vater erweckt sie zu neuem Leben.
Noch dazu befindet sich die Terrasse meiner Eltern in einer beneidenswerten Lage. Ich will gar nicht behaupten, dass hier alles ohne das geringste Zutun gedeihen würde, aber vielleicht, möglicherweise, würde sogar ich (!) es unter solchen Bedingungen zu mindestens vorzeigbaren Ergebnissen bringen.
Du wirst dir denken, die hat einen Sprung in der Schüssel.
Was hat eine Terrasse mit dem siebten und letzten Genossenschaftsgrundsatz zu tun?
Nun, sie kann als Metapher dienen. In Italien finden sich zuhauf derartige Stellen: mit ungeheuer viel Potential.
Andererseits gibt es auch abgelegene, unzugängliche trostlose Standorte, an denen dem ‚Pflänzchen Mensch‘ nur wenige Entwicklungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen.
Da ist die Versuchung groß, es gar nicht erst zu versuchen.
Womöglich bräuchten Pflanzen an derartigen Standorten Pflege durch Menschen, die imstande sind, die erforderlichen Schritte ergebnisorientiert zu planen – trotz aller objektiven Schwierigkeiten. Leute, die sich so weit in die Vorstellung verknallen – oder verrückt genug sind – dass ihnen das Mögliche und nicht das Gegenwärtige vor Augen schwebt.
Leute wie mein Vater, es lässt sich beim besten Willen nicht leugnen, dass man abgesehen von mehr oder weniger guten Bedingungen vor allem fest daran glauben muss.
Also erzähl’ ich dir auf diesem Weg vom siebten und letzten Genossenschaftsgrundsatz, der Verankerung im Einzugsgebiet: mit Menschen die daran glauben.
Solche Menschen beschließen selbst unter widrigsten Bedingungen, Genossenschaften zu gründen und es mit vereinten Kräften zu versuchen.
Dafür gibt es mittlerweile zahlreiche Beispiele und sie haben sich als Bürgergenossenschaften Ansehen verschafft.
Wie’s schon bei den Pionieren in Rochdale war, kann Druck von unten einmal mehr ein Gemeinwesen regelrecht umstülpen und bessere Lebensbedingungen schaffen.
Falls du dir eine Vorstellung davon schaffen möchtest, wie so etwas aussehen kann, lege ich dir ein paar Namen ans Herz: Terre del Magra und Valle dei Cavalieri.
Ich bin überzeugt, die werden dich ebenso stark beeindrucken, wie sie es bei mir geschafft haben.
Wie meinst du? Bei uns kann man nicht von Unzugänglichkeit und Trostlosigkeit reden?
Da hast du recht. Trotzdem, besonders aus abgelegen Tälern wandern Menschen ab und meistens sind es junge Leute.
Die erste Bürgergenossenschaft in Südtirol entstand in einem derartigen Umfeld: im Jahr 2016 gründeten 43 Mitglieder die Bürgergenossenschaft Obervinschgau (BGO). Die Gründungsurkunde unterstreicht die Absicht, bei Dienstleistungen und Wertschöpfung im Einzugsgebiet die Bürger*innen in den Vordergrund zu stellen.
Mehr sag’ ich gar nicht, ich beschränke mich darauf, dir einen Link zu empfehlen.
Wer weiß, vielleicht wirst du das nächste Mal mir was erzählen.