Ein Upcycling concept store in Brixen
Vom Ausstellungsraum zum innovativen Unternehmen: Doris Raffeiner erzählt uns von der Genossenschaft Wianui.
Im Jahr 2015 wurde Südtirols erster Upcycling concept store in der Brixner Stadelgasse eröffnet. Doris Raffeiner ist Gründungsmitglied und Präsidentin der Sozialgenossenschaft „WiaNui“ und gibt im folgenden Gespräch Einblicke in das Konzept und der Philosophie.
Frau Raffeiner, den Upcycling concept store „WiaNui“ gibt es bereits seit über fünf Jahren. Wie kam es dazu?
Begonnen hat alles mit einer Ausstellung über Upcycling im Astra Kino in Brixen vor ungefähr acht Jahren. Bei der Ausstellung wurde ein Überblick über Upcycling in den verschiedenen Ländern gegeben und auch ein Blick auf die Situation in Südtirol geworfen. Die Ausstellung war ein Erfolg: Mehrere Südtiroler Designer*innen haben ausgestellt, Workshops für Schulklassen wurden angeboten und wir hatten eine hohe Besucheranzahl. Deshalb wäre es schade gewesen, das Projekt einfach so zu belassen. Also habe ich mit zwei Freundinnen beschlossen, eine Sozialgenossenschaft zu gründen. „WiaNui“ war geboren.
Der Name „WiaNui“ ist sehr interessant.
Wir haben lange nach einem passenden Namen gesucht: „WiaNui“ verrät bereits viel über unsere Philosophie. Denn unsere Materialien werden wiederverwendet und trotzdem sehen die Produkte wie neu aus. Der Name ist im Südtiroler Dialekt gehalten und stellt somit gleich einen Bezug zur Regionalität her. Wir verfolgen eine „0km“-Philosophie, das bedeutet, dass wir unsere Produkte aus der Nähe beziehen und lange Verkehrswege vermeiden wollen.
Was hat Euch dazu bewogen, „WiaNui“ in Form einer Sozialgenossenschaft zu gründen?
Wir, die Gründungsmitglieder, sind alle sozial eingestellt und wollten in Richtung Nachhaltigkeit und Restverwertung gehen. Die Sozialgenossenschaft war für uns die optimale Form des Unternehmertums, weil dabei der Mensch im Mittelpunkt steht und nicht bloß die Wirtschaftlichkeit.
Die Gründung liegt jetzt einige Jahre zurück. Hat sich das Konzept von „WiaNui“ verändert?
Am Anfang haben wir hauptsächlich auf Kommission gearbeitet, das heißt Künstler*innen und Designer*innen haben uns ihre Produkte zum Verkauf zur Verfügung gestellt. Mit der Zeit hat sich das geändert: Heute kaufen wir Produkte an und verkaufen sie weiter. Wir bieten Workshops für Schulklassen an und organisieren Sommerprojekte für Kinder. Unsere Grundidee ist immer dieselbe, nämlich das Upcycling: Wir sind davon überzeugt, dass Reste, die anfallen, durch eine Verwertung eine große Wertschöpfung erfahren können. Im Laufe der Jahre haben wir auch begonnen, mithilfe von Praktikant*innen in unserer Werkstätte eigene Produkte herzustellen.
Wie kann man sich die Tätigkeiten in der Werkstätte vorstellen?
Das Amt für berufliche Weiterbildung vermittelt uns Praktikant*innen und gemeinsam verwerten wir Reste und stellen Radtaschen, Griffelschachteln und viele weitere Produkte her. Die Materialien sind divers, wir verwerten grundsätzlich alles was in Richtung Stoff geht, die Materialien beziehen wir unter anderem von Tapezier-, Bodenleger- oder Raumausstatterunternehmen. Wir hatten bereits viele Praktikant*innen aus unterschiedlichen Ländern wie Nigeria, Mali oder Kroatien. Es ist für beide Seiten ein Gewinn: Die Praktikanten*innen lernen bei uns die Arbeitswelt in Südtirol kennen und haben die Chance sich einzuleben. Auch für uns ist ihre Mitarbeit eine Bereicherung: Wir lernen eine andere Kultur kennen und schätzen dies sehr. Wir sehen uns sozusagen als Übergangslösung für zukünftige Tätigkeiten unserer Praktikant*innen und möchten sie dabei unterstützen.
Sie haben vorhin Projekte für Schulklassen angesprochen.
Mit den Projekten wollen wir ein Bewusstsein für Nachhaltigkeit unter den jungen Menschen schaffen. Neben Informationen geht es uns auch um das Entdecken von handwerklichen Fertigkeiten.
Seit Neuestem findet man auch Schokolade, Wein und Kaffee im Sortiment des concept stores.
Das ist richtig, seit Dezember bieten wir das an. Es handelt sich dabei um Produkte ausgewählter kleiner Firmen, die so regional wie möglich arbeiten. Zum Beispiel die KARUNA Schokolade: unter anderen Sorten eine Fruchtschokolade, die mit Früchten aus Südtirol bestückt ist. Die Verpackung ist komplett plastikfrei und dem Produzenten vor Ort wird soviel bezahlt, dass er mit der Arbeit gut leben kann. Auch die zwei Kaffeesorten von der hiesigen Firma CAROMA aus Völs, zum einen der Orang Utan Kaffee (Hilfsprojekt zur Aufforstung des Lebensraumes in Indonesien) sowie der Café de Mujeres (ausschließlich von Frauen gepflückt, um ihnen eine Einnahmequelle zu garantieren) aus Guatemala sind Sozialprojekte, die nur im WiaNui erhältlich sind. Den Wein beziehen wir von einem Winzer aus Mühlbach und von einem Weingut aus der Toskana, bei beide auf eine natürliche, biologische Produktion setzen.
Abschließend, die mittlerweile fast schon obligatorische Corona Frage: Wie geht es euch damit?
Der Lockdown ist für alle schwer, jeder muss auf das Minimum zurückfahren und gut haushalten. Aber vielleicht, werden die Leute sensibler für Themen wie Nachhaltigkeit und Upcycling, weil sie realisieren, dass die Ressourcen der Erde begrenzt sind.
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