Erste urbane Bürgergenossenschaft in Brixen
Mit der Unterzeichnung der Gründungsurkunde im Beisein des Notars wurde in der Cusanus-Akademie b*coop ins Leben gerufen, eine Bürgergenossenschaft, der über 50 Mitglieder aus Brixen und Umgebung angehören. Die Genossenschaft verfolgt nachhaltige und gemeinwohlorientierte Regionalentwicklungsziele und sucht Lösungen für ökologische und soziale Herausforderungen, indem sie mit unternehmerischem Ansatz Ideen verwirklicht.
Der Weg hin zur Gründung der Genossenschaft wurde gemeinsam mit Coopbund Alto Adige Südtirol beschritten, und zwar ausgehend von der Anlaufstelle für kostenlose Beratung CoopPoint, über welche der Genossenschaftsverband seit 2020 den künftigen Mitgliedern von b*coop seine Fachkenntnisse in Sachen genossenschaftliche Bürgerbeteiligung zur Verfügung gestellt hat.
Am Donnerstag, den 13. Jänner 2022, wurde nun eine entscheidende Etappe auf diesem Weg erreicht und damit gleichzeitig neuer Schwung in die vielseitige Welt des Genossenschaftswesens gebracht: In der Cusanus-Akademie in Brixen wurde im Beisein des Notars b*coop, Südtirols erste urbane Bürgergenossenschaft, gegründet. Die Ziele der Genossenschaft, die mehr als 50 Mitglieder aus Brixen und Umgebung zählt, umfassen die Stärkung der lokalen Wirtschaftskreisläufe, die Erhaltung des ländlichen Raums und die faire und nachhaltige Gestaltung von Landwirtschafts-, Naturschutz- und Freizeitinteressen genauso wie die Förderung neuer Wohnmodelle und die angemessene Berücksichtigung der Erfordernisse der Menschen bei der Gestaltung der öffentlichen Räume und Flächen.
Um als Bürgergenossenschaft zu gelten, muss eine Genossenschaft ausdrücklich das Ziel verfolgen, einer Gemeinschaft, der die Initiatoren angehören beziehungsweise die von diesen als „die ihrige“ gewählt wird, Vorteile zu verschaffen. Vor nahezu fünf Jahren war mit der „Bürger-Genossenschaft Obervinschgau” Südtirols erste Bürgergenossenschaft gegründet worden, deren Zweck in der Förderung einer ökologisch und wirtschaftlich nachhaltigen Entwicklung des oberen Vinschgaus liegt.
„Die Bürgergenossenschaften verfolgen das Ziel, bei der Organisation der Dienstleistungen und der Stärkung der regionalen Entwicklung die Bürger in den Mittelpunkt zu stellen“, unterstreicht Monica Devilli, Vorsitzende von Coopbund Alto Adige Südtirol. „Es handelt sich um ein soziales Innovationsmodell, bei dem die Bürger gleichzeitig Erzeuger und Nutznießer von Gütern und Dienstleistungen sind: Bei diesem Modell werden innerhalb einer Gemeinschaft Synergien und Zusammenhalt geschaffen, indem die Aktivitäten von Einzelpersonen, Unternehmen, Vereinigungen und Institutionen zu einem System verschmelzen und den unterschiedlichen Bedürfnissen nach wechselseitiger Förderung gerecht werden. Auf lokaler Ebene steht demnächst die Verabschiedung des entsprechenden Gesetzes mit der Bezeichnung „Bestimmungen in Sachen Bürgergenossenschaften“ durch den Regionalrat Trentino-Südtirol an. Der Gesetzesentwurf wurde 2021 vorgelegt, und in den kommenden Wochen soll das Gesetz endgültig vom Stapel laufen. Es soll die Rolle der Bürgergenossenschaften regeln, damit diese als lokale Akteure anerkannt werden, die den passenden rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmen bieten, innerhalb dessen die Bürger zum Wohle des gesamten lokalen Umfeldes attraktive Projekte umsetzen, ihre Lebensqualität verbessern und vor allem sich mit Themen befassen können, die eng mit der Region verbunden sind. Es handelt sich um eine Form der Organisation zur Selbsthilfe. Mit dem Gesetz werden die grundlegenden Elemente festgelegt, die eine Genossenschaft zur Bürgergenossenschaft machen. Es geht darum, dass eine solche Genossenschaft ihren Gesellschaftszweck durch die Erzeugung von Gütern und die Erbringung von Dienstleistungen erfüllt, die sich dauerhaft positiv auf die Qualität des sozialen und wirtschaftlichen Lebens der Gemeinschaft auswirkt.“
Unter Begleitung von Coopbund Alto Adige Südtirol, genauer genommen mit der Unterstützung durch die Anlaufstelle CoopPoint, welche entsprechende Fachkenntnisse zur Verfügung gestellt hat, haben die Initiatoren 2020 jenen Weg eingeschlagen, der nun zur Gründung von b*coop, der ersten städtischen Bürgergenossenschaft Südtirols geführt hat. Es handelt sich dabei um ein nicht auf Gewinn ausgerichtetes Unternehmen, bei dem die Solidarität den wesentlichen Bestandteil der Tätigkeit bildet: Durch die genossenschaftliche Unternehmensform können Einzelne selbst aktiv werden und eine breite Palette von Tätigkeitsfeldern in einem demokratischen und partizipativen Kontext abdecken.
Die Initiatoren von b*coop beabsichtigen, die Anzahl der Förderer weiter zu erhöhen. Dazu Obmann Karl Michaeler: „Bereits heute kann unsere Initiative auf eine starke Basis zählen. Wir werden aber versuchen, weitere lokale Akteure und Vertreter der verschiedenen Wirtschaftsbereiche an unserem Projekt zu beteiligen. All jene, die unsere Ziele und unsere Philosophie teilen, sind als Mitglieder der Genossenschaft herzlich willkommen.“
Foto von ©Florian Dariz: der erste Verwaltungsrat von b*coop (von links: Elisabeth Engl, Karl Michaeler, Magdalena Rautscher, Salvatore Cavallo, Fritz Aichner, Stephanie Hausdorf) mit Franco Farris von Coopbund.