Kairos – Digitalisierung und Integration
Seit 20 Jahren digitalisiert „Kairos“ alles, was in Südtirol geschrieben, gesammelt und aufgenommen wird und integriert Menschen mit Behinderung in den Arbeitsmarkt.
Interview mit dem Obmann der Sozialgenossenschaft Konrad Meßner
Herr Meßner, „Kairos“ ist der altgriechische Begriff für „den günstigen Zeitpunkt“. Warum haben Sie in Ihren Augen den richtigen Moment für die Gründung Ihrer Sozialgenossenschaft gewählt?
Konrad Meßner: Der richtige Zeitpunkt ist jener, wo wir das tun können, was gebraucht wird, und was uns aufgrund unserer Fähigkeiten begeistert. So entstand auch Kairos 2002: Eine Absolventin und ein Absolvent, zwei Lehrkräfte und der Koordinator eines ESF-Kurses, also Kurse des Europäischen Sozialfonds, schlossen sich zusammen und gründeten die Sozialgenossenschaft. Sie wussten, dass es im Bereich der Digitalisierung großen Bedarf gibt und, dass die Teammittglieder durch die Ausbildung beste Voraussetzungen hatten. Der Moment der Gründung war auch richtig, weil dadurch acht Menschen mit einer Behinderung, die gerade eine Ausbildung zum Digitalisieren abgeschlossen hatten, einen Arbeitsplatz bekamen.
Seitdem erstellt die Sozialgenossenschaft Kairos aus analogen Materialien digitale Archive.
Genau. Es gibt mittlerweile nichts mehr, was wir nicht können. Wir digitalisieren Belege, Historische und aktuelle Dokumente – zum Beispiel für Stadtarchive – Krankenakte, Verwaltungsakte – für Melde- und Bauämter der Gemeinden zum Beispiel –Zeitungen, Bücher, Pläne, Plakate, etwa für Museen und vieles mehr. Auch Dias, Negative und Fotos sowohl für die öffentliche Verwaltung als auch für Privatpersonen, Schmalfilme oder Musikkasetten digitalisieren wir. Um unser Angebot zu vervollständigen, arbeiten wir auch mit Partnerbetrieben, zum Beispiel im Dokumentenmanagement.
Sie digitalisieren sogar ganze Gemeinden.
Bisher hat Kairos zwei Gemeindeverwaltungen digitalisiert. In einem weiteren Schritt werden 15 Gemeinden ausgebildet und bei der Digitalisierung begleitet. Aus diesen Ergebnissen wollen wir ein digitales Handbuch erstellen, in dem Fragen zur Digitalisierung beantwortet werden. So soll den Gemeinden eine selbständige Digitalisierung ermöglicht werden.
Warum sind sogenannte „Digitale Gemeinden“ wichtig?
Gott und die Welt reden von Digitalisierung. So wird dieser Schritt auch von den Gemeindeverwaltungen erwartet. Durch die Digitalisierung der Ämter – also Meldeamt, Bauamt, Lizenzamt, Protokollamt, Dienste, Archiv – können Arbeitsprozesse beschleunigt werden, Kosten eigespart und neue Dienstleistungen angeboten. Nicht zuletzt wird ein Haufen Papier eingespart.
Wie weit ist Südtirol bei der Digitalisierung?
Soweit wir hier Einblick haben, befindet sich Südtirol im europäischen Durchschnitt. Es gibt Bereiche, wo wir nachhinken, und es gibt Bereiche, wo wir Vorreiter sind.
Als Sozialgenossenschaft folgen Sie auch einer Bildungsaufgabe.
Ja, als Sozialgenossenschaft interessiert in erster Linie nicht der Gewinn, sondern die Lebensqualität unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Hier spielt der Arbeitsplatz natürlich eine wichtige Rolle, aber ebenso das soziale Umfeld, das selbständige Wohnen sowie eine gesunde Ernährung. Das heißt, wir bemühen uns um den ganzen Menschen.
Sie integrieren Menschen mit Behinderung in den Arbeitsmarkt?
Genau. In enger Abstimmung mit der Berufsbildung und dem Arbeitsamt nehmen wir Menschen mit einer Behinderung in unserem Team auf, bilden sie aus und begleiten sie, und bei entsprechender Entwicklung und entsprechendem Bedarf entlassen wir sie in den freien Arbeitsmarkt. Bisher konnten wir 16 Personen mit einer Behinderung auf dem freien Arbeitsmarkt integrieren. Darauf sind wir stolz. Wir beschäftigen aber auch selbst Menschen mit einer Behinderung in befristeten und unbefristeten Arbeitsverträgen, und nehmen Prakitkantinnen und Praktikanten auf. Derzeit besteht unser Team aus vier Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit einer Behinderung und einem Tutor.