La staffetta cooperativa: Alberto Stenico im Gespräch mit Oscar Kiesswetter
Pünktlich zur Sonnenwende hat uns Alberto Stenico eine angenehme Sommerlektüre beschert, die in unterhaltsamer Weise den Leser zum Weiterdenken herausfordert.
Das beginnt schon beim Titel „La staffetta cooperativa“ – dazu passend ein Titelbild, das zwei Sprintläufer im entscheidenden Augenblick der Stabsübergabe zeigt.
Ist das ein Symbol für das Fortbestehen der kooperativen Selbsthilfe, die mit ihren Erfahrungen aus der Vergangenheit in die Zukunft eilt? Oder sind es die bewährten demokratischen und ethischen Grundsätze der Genossenschaften, die sich seit über 170 Jahren stets neuen Bedürfnissen angepasst haben und auch nach der Pandemie, bei einem hoffentlich nachhaltigeren Neubeginn, gelten werden?
Aber vielleicht stehen die beiden Staffelläufer einfach für die zwei Autoren, die sich beim Schreiben abgewechselt haben. Denn Alberto Stenico hat das Buch „im Gespräch mit Oscar Kiesswetter“ geschrieben, somit sind zwischen den Buchdeckeln zwei Menschen vereint, die unterschiedlicher nicht sein könnten, aber beide über eine ausgezeichnete Kenntnis des Genossenschaftswesens im In- und Ausland verfügen.
Alberto Stenico kennen viele als langjährigen Präsidenten des rührigen Verbandes am Bozner Mazziniplatz, der zu seinen Zeiten noch Legacoopbund hieß und bei dem schon damals zahlreiche erfolgreiche Kooperativen angesiedelt waren.
Sein Ko-Autor Oscar Kiesswetter hat sich, nach einem ersten Leben in der turbokapitalistischen Finanzwelt, der Entwicklung und Planung innovativer Genossenschaftsmodelle verschrieben. Seine Publikationen bringen den Lesern, vor allem im Ausland, die Besonderheiten des Genossenschaftswesens made in Italy näher.
Diese vierhändig geschriebene „staffetta cooperativa“ enthält knapp vierzig, zweisprachige Kurzgeschichten – das sind aber keineswegs Übersetzungen, denn zu jeder Überschrift äußern sich die beiden Autoren aus ihrer persönlichen Sichtweise unabhängig voneinander. Sie haben eine bunte Vielzahl an persönlichen Erinnerungen und beruflichen Erfahrungen zusammengetragen, zahlreiche Entstehungsgeschichten und viel Hintergrundwissen gesammelt, um dem Leser historische Details oder Zusammenhänge zu erklären.
Das Buch dürfte ein breites Leserpublikum ansprechen, denn jeder, der in Südtirol mit dem Genossenschaftswesen in Berührung gekommen ist, wird sich hier irgendwie wiederfinden. Die „Erfindung“ der Tagesmütter, die Entstehungsgeschichte der Konsumgenossenschaft am Bozner Boden und die Südtiroler Wurzeln des fairen Handels werden ebenso nachvollzogen wie weniger bekannte Aspekte im Leben und Schaffen der großen Pioniere Mazzini, Raiffeisen und Arizmendiarrieta oder bescheidener Landsleute, die unser einheimisches Genossenschaftswesen geprägt haben.
All diese unterschiedlichen Erfahrungen und Erinnerungen haben etwas gemeinsam, das Carlo Borzaga, der berühmte Professor aus Trient, in seinem Vorwort den roten Faden des Genossenschaftswesens nennt. Das ist die Fähigkeit, trotz einer echten, marktorientierten Unternehmenstätigkeit, das einzelne Mitglied und seine wirtschaftlichen, aber auch menschlichen Bedürfnisse nicht aus den Augen zu verlieren. Die Selbsthilfe und die gegenseitige Solidarität, die demokratisch getroffenen, freien Entscheidungen der Mitglieder und der Verzicht auf eine Profitmaximierung um jeden Preis, das sind die zeitlosen Werte, die sich Genossenschaften seit Generationen weitergeben, in einer zukunftsorientierten „staffetta cooperativa“.