Und sie bewegt sich doch!
Die Aussage, die Galileo Galilei über die Drehung der Erde gemacht haben soll, nachdem er vor der Inquisition seine als ketzerisch bewertete Theorie widerrufen musste, hat man vor kurzem auch bei Coopbund vernommen, wo die angeschlossenen Sozialgenossenschaften zu einer Arbeitstagung über die Zukunft ihrer Tätigkeit zusammengekommen waren.
Um das Ergebnis gleich vorwegzunehmen: Es kommt Bewegung in die Welt der Sozialgenossenschaften, und das ist gut so!
Anlass war die Präsentation einer von SOPHIA, der Genossenschaft für soziale Innovation und Forschung verfassten Studie, in der neue Herausforderungen und neue Chancen für die Sozialgenossenschaften aufgezeigt werden. Darin werden nicht so sehr die Erfolge der vergangenen fünfundzwanzig Jahre analysiert, sondern innovative Szenarien entwickelt, wie dieses bewährte genossenschaftliche Unternehmensmodell in Zukunft neuen sozialen Bedürfnissen gerecht werden könnte.
Denn vieles hat sich verändert und entwickelt, seit das Staatsgesetz Nr. 381 im Jahre 1991 erstmals die Dienstleistungen festgelegt hat, die von Sozialgenossenschaften erbracht werden dürfen und die Kategorien der benachteiligten Menschen definiert hat, die sie in den Arbeitsmarkt integrieren können.
Der Förderauftrag zu Gunsten der sozial Schwächeren ist bis heute unverändert aktuell und das Modell ist aus dem Sozialbereich nicht mehr wegzudenken. Aber neue Bedürfnisse und Benachteiligungen, sowie die Entwicklungen einer alternden Gesellschaft bringen neue Herausforderungen mit sich, bei denen es unrealistisch wäre, auf einen Alleingang der öffentlichen Hand zu warten.
Die ersten Genossenschaften der sozialen Solidarität
Die Studie der Forschungsgenossenschaft SOPHIA zeigt auf, dass die ersten „Genossenschaften der sozialen Solidarität“, wie sie damals hießen, bereits lange vor der Veröffentlichung des Gesetzes aktiv geworden waren. Ihre Mitglieder hatten nicht erst auf einen gesetzlichen Rahmen gewartet, sondern sich bereits Jahre zuvor zusammengeschlossen, um ehemalige Patienten der psychiatrischen Anstalten und die zahlreicher werdenden Suchtkranken mit den Mitteln der Selbsthilfe zu betreuen. In der Zwischenzeit führte das Parlament zehn Jahre lang ideologische Debatten, während die selbsternannten Sozialgenossenschaften sich in der Gesellschaft etablierten.
Ist der Gesetzgeber den Genossenschaften einen Schritt voraus?
Heute ist die Lage nahezu umgekehrt: Der Gesetzgeber ist diesmal bereits aktiv geworden, hat neue Bereiche des Sozialstaates aufgezeigt, die der Eigeninitiative der Bürger überlassen werden könnten und damit die Sozialgenossenschaften herausgefordert, die einen Innovationsprozess beginnen werde
Wie soll es nun weitergehen? Darüber wurde bei dem gestrigen Workshop der Sozialgenossenschaften von Coopbund diskutiert. Die Ergebnisse werden am 4. April um 17.30 Uhr in der Handelskammer in Bozen im Rahmen einer öffentlichen Veranstaltung vorgestellt.