WIFO-Wirtschaftsbarometer Herbst 2020
Schwere Krise im Transportgewerbe,
Dienstleistungsunternehmen hoffen auf Erholung
Die Herbstausgabe des Wirtschaftsbarometers vom WIFO – Institut für Wirtschaftsforschung der Handelskammer Bozen zeigt die schwierige Lage des Transportgewerbes: Fast die Hälfte der Unternehmen klagt über eine unbefriedigende Ertragslage im laufenden Jahr und 30 Prozent sind pessimistisch auch in Hinsicht auf 2021. Der Dienstleistungssektor ist hingegen zuversichtlicher, was die Konjunkturentwicklung im kommenden Jahr betrifft, wenn auch mit erheblichen Unterschieden zwischen den einzelnen Branchen.
Über ein Drittel der Südtiroler Dienstleistungsunternehmen erwartet, das Jahr 2020 mit einem unbefriedigenden Betriebsergebnis abzuschließen. Besonders schwierig ist die Lage bei den Dienstleistungen für Unternehmen, bei den persönlichen Dienstleistungen, im Immobilienbereich sowie bei Verlags- und Kommunikationstätigkeiten. Zwei Drittel der Unternehmer und Unternehmerinnen im Dienstleistungssektor klagen über einen Umsatzrückgang im Vergleich zum vergangenen Jahr und auch die Investitionen haben stark abgenommen. Im Finanzsektor verschlechterte sich die Zahlungsmoral der Kunden, die Banken melden aber Zuwächse sowohl bei den Einlagen als auch bei den Kreditforderungen.
Bessere Aussichten für den Dienstleistungssektor dürften mit dem neuen Jahr kommen, denn neun von zehn Unternehmen rechnen mit einer (zumindest) befriedigenden Ertragslage im Jahr 2021. Die Erholung sollte sich nicht nur auf den Umsatz, sondern auch auf die Investitionen und die Beschäftigung auswirken. Allerdings gibt es erhebliche Unterschiede zwischen den verschiedenen Branchen. Optimismus herrscht vor allem im Finanzsektor und bei den beruflichen, technischen und wissenschaftlichen Tätigkeiten, wo fast jedes zweite Unternehmen von einer richtig „guten“ Ertragslage im Jahr 2021 ausgeht. Die Erwartungen im Verlagswesen, in der Immobiliensparte und bei den persönlichen Dienstleistungen sind hingegen deutlich bescheidener.
Noch kritischer ist das Bild im Transportsektor, wo nur etwas mehr als die Hälfte der Unternehmen von einem zufriedenstellenden Betriebsergebnis im Jahr 2020 ausgeht. Über zwei Drittel der Betriebe melden sinkende Umsätze und viele Unternehmer und Unternehmerinnen klagen über eine Verschlechterung der Rahmenbedingungen, vor allem was die Zahlungsmoral der Kunden betrifft.
Die Lage ist für die Betreiber von Aufstiegsanlagen besonders schwierig, aufgrund des Einbruchs des Tourismus und des verspäteten Beginns der Skisaison. In dieser Branche berichten alle Unternehmen von einem Umsatzrückgang im Jahr 2020 und mehr als die Hälfte erwartet für 2021 eine weitere Abnahme des Geschäftsvolumens. Auch für den Güterverkehr, der von der zweiten Pandemiewelle hart getroffen wurde, sind die Prognosen sehr pessimistisch: Hier gehen fast vier von zehn Unternehmen auch in Bezug auf das nächste Jahr von einer schlechten Ertragslage aus.
Die anhaltende Krise führte zudem zu einem Rückgang der Investitionen und wirkte sich auch auf die Beschäftigung negativ aus: In den ersten zehn Monaten des Jahres 2020, von Januar bis Oktober, lag die Zahl der Arbeitnehmer/innen im Südtiroler Transportsektor durchschnittlich um 2,7% unter dem Niveau des Vorjahreszeitraums.
Der Präsident der Handelskammer Bozen, Michl Ebner, fordert Gewissheit für die Aufstiegsanlagen: „Die Skigebiete tun alles, um sicher öffnen zu können. Es ist notwendig, dieser Branche eine klare Perspektive zu geben, um die touristische Wintersaison und die vielen Arbeitsplätze, die davon abhängig sind, zu retten.“
Methodische Anmerkung
Im Rahmen des WIFO-Wirtschaftsbarometers umfasst der Dienstleistungssektor folgende Branchen: Verlag und Kommunikation, Informatik, Kredit und Versicherung, Immobilienverwaltung sowie personen- und unternehmensbezogene Dienste. Nicht eingeschlossen sind Handel und Gastgewerbe. Das Transportgewerbe wird gesondert untersucht.
Weitere Auskünfte erteilt das WIFO, Ansprechpartner Nicola Riz, Tel 0471 945 721,
E-Mail: nicola.riz@handelskammer.bz.it und Luciano Partacini, Tel. 0471 945 700,
E-Mail: luciano.partacini@handelskammer.bz.it.
Nachfolgend die Stellungnahmen der Wirtschaftsverbände:
Thomas Baumgartner, Präsident Sektion Transport im Unternehmerverband Südtirol
„Die Coronakrise hat gezeigt, dass Transport und Logistik für unsere Gesellschaft und unsere Wirtschaft von strategischer Bedeutung sind. Um diesen Sektor zu unterstützen, gilt es, die Fahrverbote endlich aufzuheben. Besonders das verschärfte Nachtfahrverbot, das Tirol ab 2021 auch für moderne und saubere Schwerfahrzeuge einführen will, verursacht neue Behinderungen für den Warentransport und bringt keine Vorteile für die Umwelt.“
Heini Grandi, Präsident Coopbund
„Viele Genossenschaften, die sich mit persönlichen Diensten, Kultur, Ausbildung und anderen ausgesetzten Aktivitäten beschäftigen, bestehen nur noch dank Subventionen, die nicht einmal die Kosten decken. Wir sind sehr besorgt über den Fortbestand dieser Tätigkeiten und die Auswirkungen auf die Beschäftigung. Wir brauchen Gewissheit darüber, wie und wann sie wieder loslegen können, und klare Regeln für das Leben mit der Epidemie.“
Elmar Morandell, Obmann der Berufsgruppe Transport im lvh Wirtschaftsverband Handwerk und Dienstleister
„Die Lage im Transportsektor ist prekär: Der Personentransport konnte heuer im Durchschnitt nicht einmal 20% der üblichen Dienste umsetzen. Einige Betriebe, sowohl im Personen- als auch im Warentransport, stehen seit neun Monaten still, da sie u.a. vom Tourismus bzw. der Gastronomie abhängig sind. Lange Wartezeiten, Einschränkungen für Fahrer und sinkende Zahlungsmoral der Kunden gehören mittlerweile zum Alltag im Transportsektor.“
Philipp Moser, hds-Präsident
„Südtirols Dienstleister erbringen mittlerweile eine breite Palette an professionellen und qualitativ hochwertigen Leistungen. Wir sollten die lokale Wirtschaft mit neuen Programmen und Impulsen unterstützen und so möglichst schnell und gestärkt aus der Krise begleiten. Das gelingt auch, indem Aufträge an heimische Betriebe vergeben werden. Auch die Wertschöpfung im Dienstleistungsbereich sollte in Südtirol bleiben.“